"Nice-to-have": Autarkes Leben im Tiny House
Wie auch das Zwischenergebnis unserer aktuellen Minihaus-Umfrage bestätigt, ist für die zunehmende Zahl der Menschen, die sich für Tiny Houses und Minihäuser interessieren, einerseits der Wunsch, sich zu verkleinern und andererseits ein naturnahes Leben zu führen, die Hauptmotivation. Autarkie gilt dabei vielen als „nice-to-have“, also als willkommenes Plus, jedoch nicht als Voraussetzung.
Es gibt die unterschiedlichsten Tiny Houses. Diese können sich nicht nur von der Größe und der Optik her, sondern auch in mancherlei anderer Hinsicht unterscheiden. Wenn Sie mit dem Kauf eines Tiny Houses liebäugeln, sollten Sie sich daher folgende Fragen stellen:
VOR dem Kauf eines Tiny Houses zu klärende Fragen
1. Soll das Tiny House ganzjährig bewohnbar sein? Ein Aspekt, der sich nicht zuletzt sowohl auf die Dämmung wie auch auf Heiztechnik und Wasserinstallationen auswirkt.
2. Wie mobil soll Ihr Tiny House sein? Der Aufbau auf einem Trailer ist dann von Vorteil, wenn jederzeit eine Standplatzänderung möglich sein soll, ansonsten kommt möglicherweise auch der Aufbau auf einer Wechselbrücke infrage.
3. Soll der Strom mittels einer Photovoltaik-Anlage selbst produziert werden? Bedenken Sie, dass in Deutschland für Wohngebäude (abgesehen von wenigen Ausnahmen) ein Anschlusszwang an das öffentliche Stromnetz gilt. Hier sollte also eine Kosten-Nutzen-Ökologie-Rechnung aufgemacht werden.
4. Wo soll das Tiny House stehen? Haben Sie schon einen Standplatz in Aussicht? Da für das Aufstellen eines Tiny Houses zu Wohnzwecken eine Baugenehmigung erforderlich ist, ist die Standplatzsuche der am meisten unterschätzte Aspekt bei Tiny-House-Projekten.
5. Soll der zukünftige Standplatz für die Anlage eines Gartens geeignet sein oder würde Ihnen eine kleine Baulücke genügen, bei der lediglich die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsgrenzen eingehalten werden? Auch dies ist eine Frage, die Ihnen helfen kann, eine passende Strategie für die Standplatz- aka Baugrund-Suche zu entwickeln.
Tiny House Planungs-Tool
Damit Sie bei der Vielzahl an Tiny-House-Herstellern den Durchblick behalten und sich ganz bequem von zu Hause aus einen Überblick verschaffen können, haben wir zusammen mit den führenden Tiny-House-Experten das folgende kostenlose „Tiny House“- Planungs-Tool ins Leben gerufen. Dieses funktioniert dabei nach folgendem Grundsatz: 1. Bedarf festlegen, 2. Passende Anbieter finden, 3. Inspirieren lassen (Beispiele, Ideen, etc.), 4. Tipps zur Planung erhalten. Wir wünschen viel Spaß und Erfolg damit:)
Autarkes Leben im Tiny House
Die Gründe dafür, dass für die meisten Bauherren in spe ein autarkes Konzept nicht das Hauptkriterium bei der Auswahl des Tiny-House-Anbieters ist, sind unterschiedlich:
Vorbehalte gegenüber Autarkiekonzepten und begründete Einwände
1. Autarkie wird mit Einbußen an Komfort gleichgesetzt: Um Ver- und Entsorgung sowie um die Behebung von Störfällen muss man sich selbst kümmern.
2. Ein autarkes Konzept bringt Mehrkosten beim Hausbau mit sich.
3. Einigen Bauherren dürfte außerdem bewusst sein, dass die (Bau-)Gesetzeslage nicht auf autarke Wohnformen ausgerichtet ist.
Wer sich trotzdem zugunsten eines Autarkie-Konzeptes für sein Tiny House oder sein Minihaus entscheidet, denkt entweder idealistisch oder will Vorsorge für Ausfälle der öffentlichen Versorgung treffen. In jedem Fall hebt die entsprechende Ausstattung eines Tiny Houses den Kaufpreis um Einiges an.
Für eine Kosten-Nutzen-Rechnung ist es sinnvoll, sich die einzelnen möglichen Komponenten eines Autarkie-Konzeptes näher anzusehen:
Wasserversorgung
Wie bereits erwähnt, muss das Tiny House aufgrund von rechtlichen Bestimmungen in der Regel an das öffentliche Wasserversorgungsnetz angeschlossen werden. Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Punkt ist auch, dass z.B. Regenwasser nicht als Trinkwasser genutzt werden darf und eine Befreiung vom Anschlusszwang an das öffentliche Netz nur dann infrage kommt, wenn das Wasser, das man für die eigene Versorgung verwendet, eine höhere oder mindestens gleichwertige Qualität hat, wie das örtliche Trinkwasser.
Stromerzeugung
Dank einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Tiny Houses können Sie Strom für den eigenen Bedarf produzieren. Theoretisch reicht die Fläche des Daches aus, um den Strombedarf von zwei Personen zu decken. Allerdings lässt sich bei solch kleinen Bauvorhaben (und Dachflächen) und der nicht unerheblichen Kosten einer PV-Anlage mit der eigenen Stromgewinnung unterm Strich kein Geld sparen.
Heiztechnik
Im Winter möchten die Bewohner eines Tiny Houses natürlich angenehm warme Räume haben. Im Fall kleiner Häuser bietet sich hierfür eine Infrarotheizung an: Infrarotmodule produzieren Strahlungswärme, die anders als Konvektoren nicht die Luft, sondern Körper erwärmt. Außerdem sprechen Infrarotheizungen schnell an, so dass die Heizleistung gut regelbar ist. Kleines Manko der Infrarotheizungen: Die eigene PV-Anlage auf dem Dach wird für die Speisung von Haushaltsgeräten UND einem strombasierten Heizsystem nicht ausreichen. Infrarotheizungen kommen im Fall einer angestrebten vollständigen Autarkie also nicht infrage. Hierfür bieten sich stattdessen Holz- bzw. Pellet-Öfen an.
Selbstversorgung aus dem Garten
Um weniger von der Lebensmittelindustrie abhängig zu sein und selbst bestimmen zu können, wie biologisch die eigene Nahrung produziert wurde, haben immer mehr Menschen den Wunsch, ihr Gemüse selbst anzubauen und ggf. zur Selbstversorgung auch Hühner zu halten sowie Enten, Schafe oder Ziegen. All dies kann – sofern es dafür geeigneten Platz gibt – im eigenen Garten geschehen, Ersteres alternativ auch in einem Gemeinschaftsgarten oder mittels Miete eines Bifangs.
Permakultur-Gärten, die im Einklang mit der Natur angelegt werden, sind hierbei die ideale Lösung für viele Naturliebhaber: Grundsätzlich geht es dabei darum, dass die nachhaltigen Ökosysteme in ihrer Funktion erhalten (oder regeneriert) und nicht zerstört werden. Damit Sie erfolgreich Permakultur betreiben können, sollten Sie beginnen, die natürlichen Abläufe in der Natur zu beobachten sowie die hier ansässigen Tiere und Pflanzen kennenzulernen.
Die Grundsätze der Permakultur
1. Der Fokus richtet sich bei der Permakultur immer auf Mischkultur, nicht auf Monokultur.
2. Es sollte Zonen geben, die gut genutzt werden und solche, die nicht so häufig bearbeitet werden.
3. Einen Teil des Gartens soll nicht bepflanzt und einfach so gelassen werden, wie er ist.
4. In einem Teil Ihres Gartens können Sie mehrjährige Sträucher anbauen, die nicht so viel Pflege benötigen wie z.B. Beerensträucher.
5. Die Böden sollten immer gemulcht oder mit Pflanzen bedeckt werden.
Oase der Ruhe
Damit Sie die freie Zeit in Ihrem Garten genießen können, denken Sie auch daran, eine Zone einzuplanen, in der Sie entspannen können. Wer gerne Zeit im Freien verbringt, kann sich eine Hängematte oder eine Gartenbank* und einen Tisch kaufen, um draußen relaxen, lesen oder essen zu können. Dank der unterschiedlichen Stile, die im Handel angeboten werden – ob shabby oder retro, ob modern oder rustikal – kann jeder für seinen Geschmack das Richtige finden und sich seine persönliche Gartenoase schaffen.
Fazit
Ein Tiny House kann eine gute Wohnlösung sein, um sich materiell zu verkleinern, bewusster zu leben und mehr Zeit draußen zu verbringen. Voraussetzung ist ein geeigneter Bauplatz, an dem das Aufstellen eines Tiny Houses zu Wohnzwecken genehmigungsfähig ist. Ein Garten, der nach den Grundsätzen der Permakultur bewirtschaftet wird, kann dieses nachhaltige Wohnkonzept abrunden und im Verbund mit der nötigen Haustechnik die Grundlage für ein weitgehend autarkes Leben schaffen.
Bildquellen: Humblehandcraft.com (Bild 1+2), EwigLernender (Bild 3; CC BY-SA 3.0),