Das Syndikatsmodell:
Gemeinschaftlich zur Miete wohnen

Cohousing ist eine zukunftsweisende Idee – in mehrfacher Hinsicht: Cohousing wirkt der zunehmenden Singularisierung in unserer Gesellschaft entgegen, hat das Potenzial Wohnraummangel zu beseitigen, Mietwucher zu stoppen und zugleich den Flächenverbrauch zu reduzieren. Eine Herausforderung dabei: die Finanzierung. Eine interessante Lösung stellt das Modell des Mietshäuser-Syndikats dar …

Cohousing nach dem Syndikatsmodell

Das Syndikatsmodell steht für Bewohner auf einer Augenhöhe, Gerechtigkeit sowie für Selbstverwaltung – und für dauerhaften Entzug der betreffenden Häuser aus dem Immobilienmarkt. Beim Syndikatsmodell wird kein privates Eigentum geschaffen, stattdessen sind alle Bewohner Mieter. Vom Genossenschaftsmodell unterscheidet sich das Syndikatsmodell dadurch, dass die Bewohner selber kein Eigenkapital als Einlage mit einbringen müssen – und dies (zugunsten der Gleichheit aller Bewohner) auch explizit nicht sollen. Nicht nur Anhänger der FIRE-Bewegung kommt das natürlich zugute.

Ganz grundsätzlich funktioniert das Modell so, dass die zukünftigen (oder ggf. bereits existierenden) Bewohner einen Hausverein gründen und dieser zusammen mit dem Syndikat eine GmbH, welche Bauherrin (oder Käuferin) und Eignerin der Objekte ist. Die GmbH vermietet dann die Wohneinheiten – je nach Projekt Wohnungen oder Minihäuser – an die Vereinsmitglieder. Das Syndikat erhält in dieser Konstruktion als Gesellschafterin der GmbH ein Vetorecht, um bei Bedarf die Veräußerung des so gebildeten gemeinschaftlichen Eigentums zu verhindern.

Die Finanzierung im Syndikatsmodell

Für ein Cohousing-Projekt, dessen Ziel die Schaffung von Gemeinschaftseigentum und der Erhalt niedriger Mieten ist, erscheint das Syndikatsmodell geradezu prädestiniert. Statt mit Eigenkapital wird das Projekt dabei ausschließlich über (Bank- und Direkt-)Kredite finanziert. Diese werden später inklusive der anfallenden Zinsen durch die Mieteinnahmen getilgt.

Die GmbH kann, je nach individueller Situation, etwa 60 % der benötigten Summe als Kredite bei der KfW und der GLS aufnehmen. Damit bleibt ein Anteil von circa 40 %, der (stellvertretend für ein Eigenkapital, welches die Mitglieder ansonsten einbringen müssten) zusätzlich finanziert werden muss. Hier setzt das Syndikatsmodell auf Direktdarlehen, also auf Kredite von privaten Unterstützern, die der GmbH zur Realisierung des Projektes Geld zu möglichst günstigen Konditionen (oder gar zinsfrei) leihen. Idealerweise kommen zu den Direktdarlehen auch Schenkungen, da diese die Tilgungsraten senken und helfen, die Mieten möglichst niedrig zu halten. Ziel ist es in jedem Fall, dass alle Mitglieder der späteren Gemeinschaft gemeinsam Darlehen für die GmbH beschaffen, die dann letztlich von dieser aus den Mieteinnahmen zurückgezahlt werden.

Die Geldgeber können Familienmitglieder sein, aber auch Freunde, Bekannte oder ganz einfach Unterstützer dieses sozialen Modells. Ganz nach dem Prinzip „Kleinvieh macht auch Mist“ sind immer auch Kredite oder Schenkungen im unteren Tausenderbereich hilfreich. Wenn bereits Immobilien in der Familie vorhanden sind, wäre aber auch das Szenario denkbar, dass Eltern oder Großeltern für diese eine Grundschuld eintragen lassen und dieses Darlehen an die GmbH weiterreichen. In jedem Fall stellt sich die Frage: Welche Konditionen sind fair für beide Seiten? Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend ist die Situation am Kapitalmarkt.

Aktuelle Konditionen auf dem Kapitalmarkt

Nach einer langjährigen Phase der Niedrigzinsen deutet sich ein Anstieg der Kosten für Darlehen an. Auch private Kreditgeber werden – etwa in Anbetracht von weiteren Preissteigerungen – auf höhere Zinsen Wert legen. Eine gute Möglichkeit, Konditionen für Direktkredite festzulegen, ist ein Vergleich mit aktuellen Angeboten von Banken. Ein Darlehensrechner zeigt im Detail, wie hoch Zinsen, Tilgungsrate und Co. in Abhängigkeit von der Darlehenshöhe auf dem Markt ausfallen. Einige private Kreditgeber entscheiden sich dafür, ähnliche Konditionen zu verlangen, anderen geht es nicht um Rendite, sondern um die soziale Komponente – von Niedrigzinsen über zinslose Darlehen bis zu Spenden ist also alles denkbar.

Eine möglichst einheitliche Verzinsung der verschiedenen Einzeldarlehen wäre aus Gründen der Gleicheit der beschaffenden Personen wichtig, nicht jedoch für die Realisierbarkeit des Projektes – für diese gilt natürlich, je niedriger die Zinsen umso besser für alle Bewohner. Kerngedanke ist immer, das Projekt umzusetzen. Daher sind günstige Kredite wichtig.

Ist Bauen oder Kaufen momentan sinnvoll?

Ist es aktuell überhaupt empfehlenswert, Immobilien zu kaufen oder Minihäuser zu bauen? Es gibt Analysten, die das Platzen einer Immobilienblase prognostizieren. Das würde bedeuten, dass die Kaufpreise aktuell höher liegen als in der Zukunft. Folglich kann es sinnvoll sein, mit der Investition zu warten. Andererseits ist nicht objektiv absehbar, ob und wann die Preise für Immobilien und Grundstücke fallen werden. Fakt ist hingegen, dass ein Cohousing-Projekt seine Bewohner unabhängig von Mieten und der Mietpreisentwicklung macht. Die Höhe der Miete steht – eine korrekte Kalkulation vorausgesetzt – schon zu Beginn fest. Die Gemeinschaft erhält also Sicherheit, was die finanzielle Belastung in der Zukunft anbelangt. Ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, dieses Projekt zu starten, sollte individuell erörtert werden. Informationen zu allen Aspekten des Syndikatsmodells gibt es auf der Website des Mietshäuser-Syndikats.

Bildquellen: blackandbrightph / iStock.com (Bild 1), 5688709 / Pixabay (Bild 2), Øyvind Holmstad / WikiCommins (CC 4.0; Bild 3), key05 / iStock.com (Bild 4).

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