Der Traum vom mobilen Tiny House lebt
… im Gewerbe!

Heute hier, morgen dort: Idealisten der Tiny-House-Bewegung kommen bei dem Gedanken an unbegrenzte Mobilität ins Schwärmen. Realisten – und das sind die meisten Bewohner – wissen hingegen einen festen Stellplatz wenigstens auf Zeit zu schätzen. Gründe dafür finden sich im deutschen Baurecht, im Melderecht und im Wohnkomfort. Rein praktisch hat es sich bewährt, mit dem Tiny House sesshaft zu werden: Frischwasser, Abwasser, Strom … all diese Annehmlichkeiten bringt ein schöner Stellplatz nämlich mit sich. Gibt es das mobile Tiny House on Wheels in der Realität also gar nicht? Doch, und zwar vornehmlich im gewerblichen Bereich.

Minihäuser für gewerbliche Nutzung

Der Trend zum mobilen Minihaus für gewerbliche Zwecke ist ziemlich neu – oder auch nicht. Je nach Definition lässt sich jeder Schaustellerwagen als Tiny House on Wheels beschreiben – diese Jahrmarktbuden sind hier allerdings weniger gemeint. Die mobilen Minihäuser werden inzwischen von den verschiedensten Branchen für Vertriebsaktionen genutzt. Vorteil: Sie bieten in der Regel mehr Platz als die typischen Anhänger-Verkaufsstände und vor allem überzeugen sie mit ihrem Innenausbau. Je nach Branche lassen sich im Haus zum Beispiel Speisen zubereiten und Gäste verköstigen. In den Einbauschränken ist außerdem genug Platz, um Broschüren und Werbemittel ordentlich zu lagern.

Manch ein cleverer Geschäftsmann nutzt sein Minihaus gleich doppelt, etwa als fahrende Ausstellunsgfläche für Bodenbeläge, Möbel, Sanitäranlagen etc. und zur Not als Übernachtungsmöglichkeit auf Reisen. Noch ein Vorteil: Der eigene Messestand ist damit jederzeit einsatzbereit und ohne weitere Deko ein absoluter Hingucker.

Was braucht ein mobiles Tiny House?

Bevor es nun voller Elan und mit einem bis unters Dach beladenen Tiny House hinaus geht in die Welt, stehen die praktischen Überlegungen an. Das fahrbare Haus hat nämlich Ansprüche an die Versorgung und das kann tatsächlich zur Herausforderung werden. Was genau nötig ist, hängt vom Einsatzzweck an – ohne Strom geht es jedoch selten. Einfachste Lösung ist die klassische WoMo-Methode: einfach mit einem Verlängerungskabel ans Netz anschließen. Eine Ladesäule in der Nähe ist ideal. Allerdings gibt es Orte auf der Welt, an denen die nächste Steckdose weiter entfernt ist als das länge Kabel lang. Dann hilft mobile Stromversorgung, die es auch zur Leihe gibt. Mit dem passenden Aggregat lässt sich sogar ein kleines Mini-Dorf auf der grünen Wiese versorgen.

Ebenfalls wichtig ist Wasser. Das lässt sich zur Not allerdings leichter speichern als Strom. Mit innovativen Erfindungen wie Recycling-Duschen können Tüftler den Bedarf auf ein Minimum beschränken. Einziger Wermutstropfen: Wasser ist schwer. In Hinblick auf das zulässige Gesamtgewicht ist es besser, die Tanks erst vor Ort zu befüllen, sofern möglich.

Und rechtlich? Darf ich mein Tiny House einfach parken und gewerblich nutzen? Zunächst ein klares Nein. Hier kennt das Recht nun wieder einen äußerst bunten Strauß an Möglichkeiten. Am einfachsten ist es, das Tiny House als reinen Werbeträger abzustellen. Dann lassen sich die Vorteile leider kaum ausspielen. Also ist in der Regel eine Anmeldung bei der zuständigen Gemeinde erforderlich. Wer etwas verkaufen möchte, braucht einen entsprechenden Gewerbeschein. Für ein gastronomisches Angebot ist sogar ein Gesundheitszeugnis nötig. Aufwendig wird es, wenn der Stand regelmäßig an einem Ort betrieben werden soll – aber das widerspricht ja dem Prinzip des Reisens von Ort zu Ort. Baurechtlich können zu gewerblichen Zwecken an verschiedenen Standorten genutzte Tiny Houses als Fliegende Bauten durchgehen.

Zurück zu den Idealisten

Zugegeben, es gibt sie auch – wenn auch eher in den USA –, die Idealisten, die mit ihrem Haus auf Rädern von Ort zu Ort reisen. Größer ist allerdings die Zahl derer, die in ihren mobilen Minihaus leben und genau diese Sache Werbung machen. Sie präsentieren ihre nachhaltige Unterkunft – gerne über den eigenen Youtube-Channel –, bieten Workshops, Bausätze, komplette Tiny Houses oder deren Ausbau an. Und hier trifft Idealismus auf Gewerbe.

Bildquelle: www.rundwagen.de (Teaser + Bild 1), Messe Karlrsuhe / Jürgen Rösner (Bild 2), Nessa Elessar / Youtube (Video).

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