Gartenhühner (2):
eine Auswahl geeigneter Rassen

Weitere Formatierungsmöglichkeit:
Nach gründlichen Vorüberlegungen sollte der nächste Schritt des Projektes „Gartenhühner“ in einer Bestandsaufnahme des verfügbaren Platzes und der Auslaufmöglichkeiten bestehen:

  • Wo kann ein Stall stehen?
  • Welche Größe muss und kann er haben?
  • Was für ein Stall ist laut Baurecht zulässig?
  • Wie lässt sich der Auslauf gestalten?
  • Ist (bei eher ländlicher Lage) kompletter Freilauf möglich oder muss eingezäunt werden?

 
Die Beantwortung dieser Fragen führt nicht nur weiter zur Gartenplanung, sondern auch zur Wahl der passenden Hühnerrasse(n), denn die Eigenschaften und Bedürfnisse der Vertreter der vielen Hühnerrassen sind höchst unterschiedlich: Manche Hühner sind gute Futtersucher, fühlen sich mit unbegrenztem Auslauf am wohlsten und können locker hohe Zäune überfliegen, andere Hühner sind aufgrund ihres Gewichtes oder ihres besonderen Federkleides nicht flugfähig und haben nur einen begrenzten Bewegungsdrang.

Für die Gartenhaltung geeignete Rassen

Als Gartenhühner eigenen sich am ehesten Rassen, die nicht allzu flugfreudig, die zutraulich, ausgeglichen und ruhig sind. Für uns waren vor allem folgende Eigenschaften bei der Wahl der Hühnerrasse ausschlaggebend:

  • Zutraulichkeit
  • Freundlich- und Verträglichkeit
  • Legeleistung und Fleischansatz (Zwiehuhn)
  • Bruttrieb
  • Farbschläge und gesamte Optik
  • Wetterhärte
  • Futtersuche (Auslaufbedarf, Scharrverhalten)
  • Flugverhalten

 
Gerade bei (freilaufenden) Gartenhühnern wird man sich über Zutraulichkeit besonders freuen – wie bei anderen Haustieren eben auch. Ein sanftmütiger Charakter und Verträglichkeit untereinander sind beste Bedingungen für eine stressfreie Haltung. Da uns die Hühner natürlich auch regelmäßig mit Eiern versorgen sollen, war uns eine Legeleistung von um die 180 Eiern/Jahr wichtig, außerdem sollte es eine Zwiehuhnrasse sein, also einen guten Fleischansatz haben. Ein vorhandener Bruttrieb zeugt davon, dass die Rasse noch natürliche Instinkte hat, die bei der Züchtung auf Wirtschaftlichkeit ansonsten leicht verloren gehen – er ist bei der Naturbrut Bedingung für Nachwuchs. Natürlich sollten unsere Hühner auch hübsch anzusehen sein, und um dem Habicht keine zu deutlichen potentiellen Opfer zu präsentieren, hatten wir weiße Farbschläge von vorne herein ausgeschlossen. Damit die Tiere auch widrige Witterungsverhältnisse gut überstehen, sollten unsere Hühner wetterhart sein. Der Auslaufbedarf sollte nicht allzu groß sein, daher kamen auch etwas schlechtere Futtersucher in die engere Auswahl, bei denen zwar auch bei Freilauf zugefüttert werden muss, die den Garten dafür aber auch weniger bearbeiten. Und nicht zulezt sollte die Flugfreude nicht allzu ausgeprägt sein, sodass die Schar bei Bedarf leichter in Schach gehalten werden kann.

Große oder Zwerg-Hühner?

Wenn man nur sehr wenig Fläche zur Verfügung hat, mag die Idee naheliegen, sich bei der Auswahl der Hühner auf kleine und mittelgroße Hühnerrassen zu konzentrieren. Die Rechnung „Kleines Huhn, weniger Platzbedarf“ geht jedoch nicht unbedingt auf, da kleine Hühner oftmals agiler sind, als die großen Exemplare. Die gemütlicheren unter den Zwergen sind die, bei denen auch die großen Ausgaben behäbigen und genügsamen sind. Die Rassemerkmale der Zwergrassen entsprechen somit mehr oder weniger denen der großen, mit dem Unterschied, dass sie etwas kleiner und leichter sind und kleinere Eier legen.

Da wir das Experiment „Gartenhühner“ ohnehin erstmal mit nur drei Hühnern starten, aber normal große Frühstückseier haben wollten kamen bei uns vorerst nur große Rassen und zwar, nach Abwägung der rassetypischen Eigenschaften, folgende in die engere Auswahl:

  • Australorp (gute Legeleistung, frühreif, elegantes Huhn, allerdings agil und flugfähig, wenig Bruttrieb)
  • Bielefelder Kennhuhn (sehr gute Legeleistung, fliegt nicht, wenig Bruttrieb)
  • Cochin (guter Bruttrieb, durch tiefen Stand und befiederte Läufe wenig „geländegängig“, wenig Eier)
  • New Hampshire (robustes Huhn mit für Gartenhaltung idealen Eigenschaften, wenig Bruttrieb)
  • Orpington (guter Bruttrieb, durch Größe und Gewicht viel Platzbedarf im Stall, oft schlechte Befruchtungsrate)
  • Plymouth Rock (großes, robustes Huhn, flugfaul, wenig Bruttrieb)
  • Sussex (großes, robustes Huhn mit für die Gartenhaltung idealen Eigenschaften, wenig Bruttrieb)
  • Wyandotte (viele hübsche Farbschläge, für Gartenhaltung ideale Eigenschaften, kein Winterleger)

 

Die passende Rasse: Sympathie zählt

Die Australorps waren allein aufgrund des grässlichen Kunstnamens – der vom Ursprung der Rasse, der Kreuzung in Australien heimischer Hühnerrassen mit Orpingtons, herrührt – die letzten, mit deren Rasseprofil wir uns eingehender befasst hatten. Und dann fiel unsere Entscheidung tatsächlich doch zugunsten dieser Rasse aus: Trotz der ihnen attestierten guten Flugfähigkeit haben wir uns drei halbwüchsige, 17-Wochen-alte Australorp-Hühnchen in den Garten geholt. Vorerst mal ein Glücksgriff, denn die Hühnchen waren allerliebst, machten keinen Lärm, benahmen sich vorbildlich – ohne deshalb langweilig zu wirken – und hübsch anzusehen sind Australorps auch: Das Gefieder ist schwarz mit grünen Glanz, die Läufe sind dunkelgrau, die Krallen und die Sohlen „hellhorn-„, also cremefarben. Im Gegensatz zu den meisten anderen Hühnerrassen haben die Australorps dunkelbraune „Knopfaugen“ – auch deswegen war es einfach Liebe auf den ersten Blick.

Australorps: aufgeweckte Freigeister

Die Australorps sind aufgeweckte, aber keine aufgeregten Hühner. Nach drei Tagen hatten alle drei schon aus der Hand gefressen und nach kurzer Zeit kamen Sie schon auf Zuruf angerannt – Delikatessen wie Mehlwürmer und Melonenschnitze waren natürlich sehr überzeugende Argumente … Ganz der allgemeinen Rassebeschreibung entsprechend entwickelten sich unsere Australorps rasch und hatten mit einem knappen halben Jahr bereits mit dem Legen begonnen.

Für einen größeren Staudengarten mit einigen schattenspendenden Gehölzen sind diese Hühner gut geeignet – ohnehin entspricht so ein Gelände mit Büschen eher den natürlichen Bedürfnissen von Hühnern als eine freie Fläche: Die Australorps werden allgemein zu den guten Futtersuchern gezählt – das bedeutet, dass sie gerne scharren und picken. In gut eingewachsenen Bereichen wird jedoch kaum gescharrt, sondern meist ruhig pickend herum gewandert. Gescharrt wird gerne an Stellen, wo offene Erde oder Laub liegt.
Sofern die Hühner nicht zu beengt leben und ausreichend Futter bekommen, muss man sich um giftige Pflanzen keine Gedanken machen. Der Instinkt der Tiere funktioniert in der Regel sehr gut. Selbst die Maiglöckchenmatten in unserem Garten haben nicht geschadet.

Die ideale Kombination: Freilauf plus beschränkter Zugang zum Garten

Hühner (auch) im Garten zu halten, macht Freude und dient nicht zuletzt dem biologischen Pflanzenschutz: Unter niedrigen Gehölzen und Rosensträuchern legen sich die Hühner gerne Kuhlen für Staubbäder und Ruheplätze an. Wenn im Garten (von Hand) gearbeitet wird, sind sie gleich ganz nah dabei. Mit Hühnern im Garten haben verschiedene Schädlinge, wie zum Beispiel der Buchsbaumzünsler, keine Chance – diese werden einfach weggepickt.
Um den Garten zu schonen und nicht überall auf die Hinterlassenschaften der Hühner zu stoßen (Hühner haben ein sehr aktives Verdauungssystem), bietet es sich an, generell einen großen Auslauf zu reservieren und die Hühner lediglich unter Aufsicht (oder zum Beispiel in der letzten Stunde bevor sie abends in den Stall gehen) im Garten herumstromern zu lassen. Am sinnvollsten und befriedigendsten für Mensch und Tier ist ein Garten mit beschränktem Zugang kombiniert mit Freilauf in andere Bereiche.

Alleine gelassen können Australorps recht unternehmungslustig werden. Selbst wenn sie schnell eine gute Bindung zum Stall entwickeln, bei ihren Ausflügen immer von alleine zurückkommen (und im Übrigen natürlich auch abends ohne Aufforderung in den Stall gehen), mag sich bei unzureichender Einzäunung nicht jeder Nachbar über ihren Besuch freuen. Speziell die Australorps können (zumindest solange sie noch nicht ihr volles Gewicht erreicht haben) aus dem Stand gut und gerne auf über 1,60 m hochfliegen. Pubertierende Australorps benötigen daher, sofern kein uneingeschränkter Freilauf möglich ist, einen hohen Zaun als Grenze.

Für wen eignen sich die Australorps?

Hühner dieser Rasse sind – sofern die örtlichen Gegebenheiten die Bedürfnisse der Tiere decken – auch für Anfänger empfehlenswert: Sie sind (sofern sie aus einer guten Zuchtlinie stammen) robust, sanftmütig und – nicht zu vergessen – legen sehr fleißig. Die Australorp-Hühner sind damit zu einer unserer Lieblingsrassen geworden. Für sehr kleine Gärten eignet sich diese Rasse allerdings nicht. Diese Hühner fühlen sich am wohlsten, wenn sie auf Erkundungstour gehen können und es reichlich Buschwerk gibt. Uneingeschränkt empfehlen können wir sie daher für eine Freilandhaltung, sofern Besuche in der Nachbarschaft willkommen sind oder wenn es keine direkten Nachbarn gibt, sowie für große Gärten mit Buschwerk und hohen Einfriedungen. Letztendlich ist es eine Frage der örtlichen Gegebenheiten und natürlich auch eine Geschmacksfrage, ob diese Rasse einen persönlich (unter anderem auch optisch) anspricht.

White (Plymouth) Rock: Wuchtbrummen mit sehr guter Legeleistung

Auf der Suche nach weiteren schwarzen Australorps wurde uns von einer Hobbyhalterin ein „weißes Australorp-Jungtier“ angeboten. Zwar war uns aufgrund der gelben Läufe schon klar, dass es sich nicht um ein Australorp handeln konnte, mitgenommen haben wir das Tier trotzdem.

In der weiteren Entwicklung stellte sich das Tier als White-Rock-Henne heraus: eine regelrechte Wuchtbrumme, inzwischen die Alpha-Henne in der Schar, zutraulich, verfressen, äußerst robust und mit im Schnitt fünf (um die 75 gr. schweren) großen Eiern pro Woche eine extrem gute Legerin.

Die White Rocks, eine Varietät der Plymouth Rocks, sind hierzulande unter Hobbyhaltern kaum bekannt. Ganz anders im englischsprachigen Raum: Dort erfeuen sich die White-Rock-Hühner großer Beliebtheit bei Haltern, die die idealen Eigenschaften dieses Zwiehhuhns für Selbstversorger zu schätzen wissen – gute Mästbarkeit und Legefreudigkeit über mehrere Jahre (!). Aufgrund der Legefreude, des geringen Bruttriebs und der Robustheit wurden die White Rocks auch als Ausgangsrasse für Legelinien genutzt.

Trotz ihrer Masse – unsere Henne wiegt 3,5 kg – sind die White Rocks unerwartet beweglich und erinnern dann an „Eddie, the Eagle“: Beweglichkeit gepaart mit Verfressenheit und Intelligenz führt gerne zu dem einen oder anderen Versuch Stiften zu gehen. Die Einzäunung sollte (sofern Freilauf nicht möglich ist) im ebenen Gelände mindestens 1,60 m hoch sein, Absprungschanzen sollten beseitigt werden.

Wenn die örtlichen Gegebenheiten passen, dann sind die White Rocks völlig unkomplizierte Hühner. Die Frage stellt sich also, warum die White Rocks nicht auch bei uns weiter verbreitet sind, wo diese Hühner doch so robust sind und auch für die Hobbyhaltung bestens geeignet. Die Erklärung dürfte darin liegen, dass sich Hobbyhalter zunehmend ausgefallene oder im Trend liegende Rassen aussuchen. Die gehaltene Rasse scheint immer mehr eine Prestige-Angelegenheit zu werden. Obwohl die White Rocks nicht auf Optik gezüchtet sind, sind gut gehaltene Tiere impossante Erscheinungen und unsere absolute Empfehlung für Selbstversorger.

Lesen Sie weiter: Zwerg-Orpingtons – eine gemütliche, brutfreudige Rasse …

Bildquellen: THCUG (Bilder und Video).


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