Mobile Tiny Houses:
Domizile für Individualisten

Aufgrund der zunehmenden Medienpräsenz von Tiny Houses auch im deutschsprachigen Raum werden immer mehr Menschen mit dieser Art des Wohnens konfrontiert. Auch wer bisher noch nicht über eine freiwillige Reduktion seines Wohnraums, über Minimalismus im Alltag und den eigenen ökologischen Fußabdruck nachgedacht hat, fühlt sich – das „Kindchenschema“ lässt grüßen – leicht von den kleinen Häuschen auf Rädern angesprochen. Immerhin: „Tiny Houses on Wheels“ taugen zwar bei der passenden Einstellung ihrer Bewohner auch als Hauptwohnsitz, können aber genauso als Gästewohnung oder Büro im Garten dienen. Menschen mit Unternehmergeist und Experimentierfreude mögen sich vielleicht sogar gleich als Investor in Ferienimmobilien sehen …

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Die Modelle der verschiedenen Anbieter werden unterschiedlichen Geschmäckern und Bedürfnissen gerecht: So gibt es Tiny Houses im „rustikalen“ oder modernen Look, Tiny Houses mit oder ohne Schlafloft, vollausgestattete Tiny Houses und solche zum Selbstausbau. Entsprechend ist auch die Bandbreite der Preise für ein Tiny House. Diese bewegen sich in der Regel zwischen 20 Tsd. und 50 Tasd. Euro – nach oben gibt es keine Grenze.

Gestaltungsspielräume in Tiny Houses

Architekten mit Faible für die Planung kleiner Räume freut der neue Trend, denn sie können bei jedem Auftrag den Bedürfnissen ihrer Kunden entsprechend clevere, raumsparende Lösungen entwickeln. Dies ist eine Fähigkeit, die nicht jedem Planer gegeben ist: Kleine, gut bewohnbare Räume zu gestalten ist weitaus schwieriger als freie Hand bei großen Räumen zu haben. Vieles muss bei Tiny Houses bedacht werden, was bei der Planung eines großen Hauses irrelevant ist:

  • das Gewicht der verwendeten Materialien, um ein Gesamtgewicht des Häuschens von 3,5 to („magische Grenze“ für die Teilnahme am Straßenverkehr) nicht zu überschreiten,
  • eine Statik, die nicht nur Erschütterungen, sondern Böen auf der Autobahn und Bremsmanövern standhält,
  • Fensterflächen, die bei Unfällen im Straßenverkehr keine Gefahr darstellen können,
  • die Raumaufteilung, die einem beengten Wohngefühl entgegenwirken soll,
  • die Schaffung von möglichst viel Stauraum ohne das Häuschen zu überfrachten,
  • Einbauten, bei denen Schubladen und Schranktüren auch in geöffnetem Zustand nicht im Weg sind u.v.a.m.

Tiny House-Fans mit Kaufabsicht sollten unbedingt ein Musterhaus des in Frage kommenden Anbieters besichtigen; noch besser ist es, wenn der Hersteller ein Modell zum Probewohnen bereitstehen hat. In diesem Fall kann man das Häuschen auf Herz und Nieren prüfen und bekommt einen realistischen Eindruck für das Wohngefühl auf so kleinem Raum. Aktuell muss man für einen Vergleich verschiedener Modelle kreuz und quer durch Deutschland fahren. Wir sind aber weiterhin am Projekt Tiny House Park dran, einem Gelände mit Erholungswert, auf dem verschiedene Anbieter ihre Tiny Houses und Minihäuser präsentieren und für ein Probewohnen vermieten. Zukünftige Bauherren sollen damit die Gelegenheit zu einem direkten Vergleich ohne lange Reisewege bekommen.

Stellplatz und Baufinanzierung für Tiny Houses

„Gelände mit Erholungswert“, damit verbinden die meisten Tiny-House-Fans ihre Vision vom Umstieg auf ein Häuschen mit kleinem ökologischen Fußabdruck: irgendwo am Waldrand, in einer Streuobstwiese, eben naturnah. Ein solcher Stellplatz ist jedoch aus baurechtlicher Sicht unrealistisch und aus Landschaftsschutzgründen ebenfalls nicht begrüßenswert. Die Entwicklung sollte stattdessen dahingehen, dass Wohngebiete für solche alternativen Wohnformen ausgewiesen werden und kleine Grundstücke mit freistehenden Minihäusern, statt den bisher in den Bebauungspländen meist vorgesehenen Doppelhaushälften, bebaut werden dürfen. Eine Gruppierung kleiner Häuschen fördert nicht nur eine Gemeinschaftsbildung sondern kann durch gemeinschaftlich genutze Räume – z.B. Waschküche und Trockenraum, Werkstätte, Lagerräume, Gästezimmer – den ökologischen Gedanken unterstützen.  Je nach konzeptionellem Überbau eines solchen Wohnprojektes räuchte es sich bei den einzelnen Grundstücken nicht um Grundstückseigentum der Bewohner handeln, sondern um Pachtgrundstücke.

Ark-Shelter-teaser

 

„Kauf oder Pacht?“, diese Frage stellt sich schon, sobald Eckdaten für ein zukünftiges Projekt „Umzug in ein Tiny House“ gesammelt werden. Einen Standplatz für ein Tiny House oder ein Baugrund für ein Minihaus zu finden, gestaltet sich in aller Regel schwieriger als der Kauf des Häuschens selber. Wer Wurzeln schlagen möchte und sich für die stationäre Variante eines Minihauses entscheidet, wird sich sicher leichter bei der Suche nach Baugrund tun. Wem jedoch Mobiliät und Flexibilität wichtig sind, für den wird der Kauf eines Grundstücks den Möglichkeiten, die sich durch ein „Tiny House on Wheels“ eröffnen können, widersprechen.

Tiny Houses scheinen sowohl für Bodenständige als auch für „Vagabunden“ geeignet, welche ihrem Leben die Freiheit verleihen möchten, jederzeit den Wohnort wechseln zu können. In der Realität sieht das leztenendes zwar anders aus – bewegt wird das Tiny House, hat man erst einmal den passenden Standplatz gefunden, so schnell nicht mehr – aber die Option des Ortswechsels ist eben verlockend und der Wunsch, ein Grundstück auf Pachtbasis nutzen zu wollen, liegt somit nahe.

Wer beim Kauf eines mobilen Minihauses nicht den vollen Kaufpreis „auf den Tisch blättern“ kann und an eine Baufinanzierung denkt, der wird seinen Traum nur mit eigenem Grund und Boden verwirklichen können, denn: Eine Baufinanzierung kommt für Häuschen auf Rädern nicht in Frage, da die Bank Sicherheiten braucht. Das Grundstück dagegen lässt sich ggf. mit einer Hypothek belasten. Wer sich im Vorfeld näher mit den Konditionen einer Baufinanzierung und den zu zahlenden Zinsen befassen will, kann online den Baufinanzierungsrechner von Interhyp zu Rate ziehen.

Die Tiny-House-Bewegung steckt in Europa noch in den Anfängen, aber der Bedarf an flexibel nutzbarem, kostengünstigen Wohnraum ist groß, und so wird es unserer Ansicht nur eine Frage der Zeit sein, bis auch in Deutschland – gefördert von Städten und Gemeinden – an den unterschiedlichsten Standorten Projekte entwicklen, wo es Standplätze für Tiny Houses und andere transportable Minihäuser gibt, wo man diese ggf. auch dauerhaft mieten kann und wo man – ganz wichtig – seinen Erstwohnsitz anmelden kann.

Bildquellen: Mt. Hood Tiny House Village (Bild 1), Ark Shelter (Bild 2)

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