Ökologische Dämmstoffe aus dem Meer (1)
Wer ökologisch sanieren oder ein Haus selber bauen möchte, der wird sich auch über passende Dämmstoffe Gedanken machen. Neben Holzspäne, Holzfasern, Hanf, Wolle, Kork, Flachs und Zellulose wird in diesem Bereich, nicht erst seit gestern, aber dennoch relativ unbekannt, ein Dämmstoff aus dem Meer angeboten: das Seegras.
Das Gemeine Seegras (Zostera marina) gedeiht u.a. im Wattenmeer von Nord- und Ostsee in Tiefen, die selten trocken fallen, aber dennoch hell genug für das Wachstum sind, d.h. bis zu einer durchschnittlichen Tiefe von 3 m unter dem Niedrigwasserspiegel. Seegras ist eine grasähnliche Samenpflanze, ist also nicht zu verwechseln mit Algen bzw. Tang. Abgestorbene Pflanzenteile und abgebrochene Halme treiben bei entsprechender Wetterlage oft in der strandnahen Zone und jährlich bedecken vor allem im Herbst hunderte Tonnen von gestrandeten Pflanzenresten die Küsten. Sehr zum Unmut von Urlaubern, die einen makellosen Sandstrand erwarten.
Die Strände werden regelmäßig von diesen Anschwemmungen befreit und dies nicht erst seit gestern: Bereits seit dem 14. Jhdt. wurde Seegras gemäht, abgefischt oder am Strand eingesammelt und zum Deichbau und später auch zur Dacheindeckung, sowie zum Stopfen von Matratzen und Kissen verwendet. An den Küsten Dänemarks, Hollands und auch Deutschlands hat die Seegrasfischerei und -weiterverarbeitung eine lange Tradition. Ein Mähen der Seegraswiesen kommt heutzutage aus ökologischen Gründen nicht mehr in Betracht, vielmehr wird das angeschwemmte Seegras meist mit Traktoren und Baggern vom Strand entfernt. Da die Reinigung des so gewonnenen Seegrases von Sand, Muschelteilen und auch Müll sehr aufwendig ist, und sich die Nachfrage nach diesem natürlichen Dämmmaterial in Grenzen hält, wird der Großteil auf Deponien gekarrt. Vor allem in Dänemark gibt es jedoch Betriebe, die noch (oder wieder) die traditionelle Seegrasfischerei betreiben. Dabei werden die im Uferbereich treibenden Seegrashalme abgefischt, auf Feldern zum Trocknen ausgebracht und danach wie Heu weiterverarbeitet.
Seegras kann beim Hausbau als Schütt-, Stopf-, Ein- oder Aufblasdämmstoff verwendet werden. Der Salzgehalt schwankt, je nachdem ob das Seegras auf freiem Feld ausgebracht und Regen ausgesetzt war oder vom Einsammeln am Strand zum Reinigen und Trocknen in eine Anlage gebracht wurde. Je nach Salzgehalt ist das Seegras mehr oder weniger hygroskopisch (wasseranziehend), behält dabei aber seine natürlichen Eigenschaften und verrottet nicht. In jedem Fall sollte Seegras als Dämmstoff nur für Bereiche in Frage kommen, bei denen kein direkter Kontakt mit Feuchtigkeit besteht, wie Zwischensparrendämmung, Zwischendecken- und Trittschalldämmung, Dämmung von Wändem bei Holzrahmenbauweise etc. Sofern diffusionsoffen gedämmt wird und eine Austrocknung gewährleistet ist, spricht nichts gegen diesen Naturdämmstoff.
Erhältlich in Ballen u.a. über www.seegrashandel.de*
Bildquellen: Jan Rehschuh (Bild 1), Peter Drier (Bild 2)
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