Echter Ökostrom –
mehr als nur ein Verkaufsargument
Umweltfreundlichkeit – so scheint es – ist auf dem Vormarsch. Zumindest lachen uns diverse Bio-Gütesiegel und Öko-Versprechen in Werbung, Supermarktregalen und andernorts an. Doch leider gilt: Nicht überall, wo „Öko“ draufsteht, ist Öko drin. Das Markenversprechen, für die Umwelt einzutreten, ist emotional sehr wirksam. Die Verlockung für Stromproduzenten – alleine aus Marketingerwägungen – auf den grünen Zug aufzuspringen, ist groß.
Wer als Verbraucher seinen Umweltbeitrag nicht unterhöhlt sehen will, der muss genau hinsehen. Und wer sich mit den Themen „Downsizing“ und „Tiny Houses“ ernsthaft auseinandersetzt, der hat in der Regel auch ein ganz spezielles Verständnis von Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Energieerzeugung und –verbrauch. Wie können wir also sicher sein, dass grüner Strom auch tatsächlich grün produziert wurde?
Vermeintliche Angebotsvielfalt
Hunderte von Stromanbietern buhlen auf dem deutschen Markt um grün-gesinnte Verbraucher. Bei so viel Angebotsvielfalt müssten die Dinge in Puncto umweltfreundlichem Strom eigentlich zum Allerbesten stehen. Leider ist dem nicht so:
Die Masse an Tarifen und Angeboten täuscht darüber hinweg, dass rund 80% des deutschen Stroms von den vier Großkonzernen Vattenfall, EnBW, RWE und E.on produziert werden. Diese sind auf eigentumsrechtlicher Ebene dicht mit vielen städtischen Anbietern verwoben (meist als Anteilseigner) und viele Ökostromanbieter entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als Tochterunternehmen der “Big Four“. Das Problem: Die Großkonzerne tun kaum etwas für den Ausbau alternativer Energien und intensivieren stattdessen ihre Lobbyarbeit, um die kommerzielle Stromgewinnung möglichst lange am Leben zu halten. Wer Ökostrom von einem entsprechenden Tochterunternehmen bezieht, unterstützt aberwitzigerweise jene, die sich als größte Gegner der Energiewende hervortun. Das gilt dann auch für Anhänger des reduzierten Lebensstils, selbst wenn der Verbrauch in einem Tiny House ohnehin schon recht gering ist. Wer Interesse an einer Übersicht über diese Art von Angebotsvielfalt hat, in der „echte“ Ökostrom-Anbieter kaum von „Pseudo-Öko-Anbietern“ zu unterscheiden sind, kann sich diese auf www.strompreisvergleich.net* verschaffen.
„Aber das ist doch alles zertifiziert!“
Viele Anbieter sind also mit den Großkonzernen verbunden – und auch die Zertifikate, die umweltfreundlichen Strom als solchen ausweisen sollen, sind in vielen Fällen unzuverlässig. Ein Missstand, den diverse Verbraucherzentralen in der Vergangenheit immer wieder kritisiert haben. Das Kernproblem besteht darin, dass „Ökostrom“ kein rechtlich geschützter Begriff ist. Gängige Zertifikate sind fragwürdig, da diese nach Gutdünken eigene Standards festlegen können, wann sie Strom als Ökostrom zertifizieren. So gibt es beispielsweise Zertifikate, die zwar voraussetzen, dass Strom tatsächlich aus regenerativen Quellen stammen muss, allerdings ignorieren sie, ob der zertifizierte Betreiber irgendwas für den Ausbau regenerativer Energiegewinnung tut oder wo der Strom überhaupt herkommt. Oftmals kommt Ökostrom nämlich aus dem EU-Ausland. Dass dies der Energiewende hierzulande nicht weiterhilft, erklärt sich von selbst.
Besonders dreist sind Zertifikate wie RECS (Renewable Energy Certificate System). Dabei handelt es sich um die wohl irreführendste Form der Zertifizierung. Es ist ein Zertifikat, das konventionellen Strom als grünen Strom etikettieren kann. Das liegt daran, da es sich bei RECS eigentlich um ein Zertifikat handelt, das lediglich unterbinden soll, dass grüner Strom mehrfach als emissionsfrei verkauft wird. Allerdings können Erzeuger von tatsächlich grünem Strom das RECS Zertifikat verkaufen, wenn sie dafür akzeptieren, dass ihr Strom dann eben als Strom aus “unbekannter Herkunft“ gehandelt wird. Ein konventioneller Stromanbieter ersteht dieses Zertifikat und verwendet es für seinen konventionell gewonnenen Strom – und schon ist der Etikettenschwindel perfekt. Näheres dazu ist auf www.tegut.com zu finden.
Echten Ökostrom erkennen – das sind die Merkmale:
Wer sich seiner Sache sicher sein will, sollte Ökostrom nur von Anbietern beziehen, die klar damit werben, “echten“ Ökostrom zu verkaufen. Dem Selbstverständnis dieses Versprechens nach bedeutet das Folgendes:
• Sämtlicher Strom stammt aus regenerativen Quellen hierzulande,
• der Ausbau regenerativer Energiegewinnung wird vom Anbieter aktiv gefördert,
• es bestehen keine eigentumsrechtlichen Bindungen zu konventionellen Energiebetrieben.
Leider gibt es bislang nur eine gute Handvoll von Anbietern, die sich echten Ökostrom auf die Fahnen geschrieben haben. Das sind z.B. Naturstrom, EWS, entega, Lichtblick, Polarstern, Greenpeace, Bürgerwerke, Ökostrom+, MANN und Grünstromwerk.
Bildquellen: Appolinary Kalashnikova / Unsplash (Bild 1), Albrecht Fietz / Pixabay (Bild 2), Frank-Andreas Jütte / pixelio.de (Bild 3)