Was sich Tiny Houses von Wohnmobilen abschauen können (2)


In dieser Artikelreihe finden Sie Tipps zu den Bereichen

Innenausbau mit viel Stauraum für mobile Tiny Houses
Heizung und Warmwasserbereitung für mobile Tiny Houses
Elektrik für mobile Tiny Houses
Stromgewinnung und -speicherung für mobile Tiny Houses
Wasserversorgung für mobile Tiny Houses

 
Gastartikel von Ulrich Dolde und Fortsetzung des ersten Teils unserer sechsteiligen Artikelserie

Der Innenausbau

Nach unserer ersten, achtmonatigen Testtour durch Marokko und die Westsahara, habe ich meine Ausbauerfahrungen in einem Buch zusammengefasst, das ich seit Juni 2010 im Eigenverlag auf CD‐ROM verlege. Mittlerweile ist dieses von ursprünglich 350 Seiten in der vierten Auflage auf 610 Seiten angewachsen und seit 2012 ist es auch als gedruckte Version in hochwertiger Hardcover‐Ausstattung mit robuster Fadenheftung erhältlich. Auf 460 durchgängig vierfarbig gedruckten Seiten vermittle ich nicht nur den Ausbau unseres „Sternchens“ – so heißt unser Vehikel ‐ sondern beleuchte auch eine Vielzahl von Komponenten und Bauteilen, die ich zwar nicht selbst verbaut habe, die aber eine gute Alternative zu den von mir eingesetzten Komponenten darstellen können, wenn die Rahmenbedingungen oder persönlichen Präferenzen andere sind als die meinen.

wohnmobil_selbstausbau_Mercedes_914_4x4Unser „Sternchen“ auf der ersten Testtour im Hohen Atlas in Marokko.

Da ich mich seit geraumer Zeit auch mit dem Thema Hausbau beschäftige, die fehlenden Nullen vor dem Komma aber immer noch eine Herausforderung darstellen, schrumpft mein Traumhaus derzeit auf Micro‐Dimensionen. Deshalb kann ich mir bei der technischen Ausstattung durchaus vorstellen, auf das eine oder andere System aus dem Wohnmobilsektor zurückzugreifen, insbesondere dann, wenn Autarkie gefragt ist, weil keine örtliche Infrastruktur vorhanden ist.
Und diese technischen Möglichkeiten und Optionen sind es, die ich hier in meinem Beitrag auf tiny‐ houses.de vorstellen möchte, um den oder die eine/n oder andere/n Leser/‐in zu inspirieren, auch im Wohnmobilbereich nach Lösungen für sein/ihr Tiny Traumhaus zu suchen.
Zunächst möchte ich mal kurz unser very tiny Sternchen von innen vorstellen, damit sich jeder einen Eindruck von den Platzverhältnissen auf acht Quadratmetern machen kann, auch wenn mir klar ist, dass die wenigsten Tiny‐House‐Träumer derart reduziert träumen.

Wohnmobil_Selbstausbau_realisierter_GrundrissDer Grundriss unseres Expeditionsmobils

Was Tiny Houses von Wohnmobilen lernen können ist, dass selbst acht Quadratmeter ausreichen können, alle Funktionalitäten eines Hauses in sich zu vereinen. Im konkreten Fall standen uns hier genau 411 x 206 x 191 cm (L x B x H) zur Verfügung, also 8,46 m2.

Das geht vor allem dann, wenn man den zur Verfügung stehenden Flächen entweder eine Multitasking‐Nutzung zuweist oder durch Einbau von Zwischenböden die Flächen multipliziert. Bei unserem Expeditionsmobil haben wir beispielsweise das Bad in den Eingangsbereich gelegt und ihm damit eine Multifunktion verordnet. Die Edelstahl‐Duschwanne dient bei Schlechtwetter als Schmutzwanne, in der verdreckte Schuhe „geparkt“ werden können. Mittels einer Schiebetür kann das Bad vom Wohnraum abgeschlossen werden. Dadurch entsteht ein Windfang, der an kalten Tagen verhindert, dass die Wärme aus dem Fahrzeug entweicht, wenn man die Eingangstür öffnet. In einer an der Baddecke installierten, umlaufenden Vorhangschiene kann ein Duschvorhang geschlossen werden und so dient der Eingangsbereich zusätzlich auch als Dusche. Das Waschbecken ist klappbar und erleichtert damit die Benutzung der darunterliegenden Toilette ungemein ;‐). So ist hier auf 0,65 m2 ein Multifunktionsraum entstanden, der an Flächeneffizienz kaum zu überbieten ist.

womo-tuereBad mit Dusche und Toilette, Windfang und Eingangsbereich. Effizienter geht es nicht.

Ähnliches gilt für unser 150 cm bereites Bett. Das thront auf einem 90 cm hohen Podest weil man den Luftraum über dem Bett in der Regel nicht nutzt. So könnte man bei einem Tiny House das Bett ebenfalls auf ein Podest bauen und den Raum darunter als Stauraum nutzen.

ausbau-innenDie Sitzgruppe thront auf einem Podest, wodurch zusätzlicher Stauraum geschaffen wird.

Darunter befindet sich der Stauraum, der seinerseits durch einen Zwischenboden auf zwei Ebenen unterteilt ist und damit die Fläche von 150 x 206 cm verdreifacht wurde. Im Stauraum ganz unten sind die drei Frischwassertanks á 100 Liter untergebracht. Daneben finden Campingtisch und Stühle, Werkzeug, Ersatzteile und allerlei andere sperrige Güter Platz.

womo-stauraum-2Der Stauraum unter dem Bett ist durch einen Zwischenboden nochmals geteilt.

Eine Ebene darüber, zwischen Bett und dem Tiefparterre ruht mein gesamtes Wind‐ und Kitesurfequipment bis auf die Masten, die auf dem Dach transportiert werden. Ein Board, sechs Segel, zwei Gabelbäume und all das Krimskrams, das man für diesen Sport benötigt, sind so unter dem Bett verstaut und werden vor Sonne, Regen, Staub und langen Fingern geschützt.

Die Unterseite dieses Zwischenbodens ist aber ebenfalls verplant. Dort hängen mittels cleveren „Quickfist“‐Halterungen sowohl Werkzeuge wie Sandschaufel, Radkreuz, Axt und Säge, aber auch meine zwei Kiteboards, die beim Surfequipment keinen Platz mehr gefunden haben.

womo-stauraum-1Im Stauraum wird auch die Decke genutzt. Besonders geeignet für große und sperrige Güter.

Über diesen beiden Stauräumen befindet sich wie gesagt unser Bett, das als Festbett konzipiert auch als Couch dienen kann. Zum Lesen oder Herumlungern bei schlechtem Wetter kann also nicht nur die Sitzbank genutzt werden, sondern auch das Bett, das bei vielen Wohnmobilen allabendlich über der Sitzbank umgebaut werden muss – deshalb der Begriff „Festbett“. Eigentlich ist die Grundfläche sogar noch mehr als dreifach belegt, denn an der Decke gibt es umlaufend Deckenstaufächer, die ebenfalls eine Fläche von 0,11 m2 und ein Stauvolumen von 0,28 m3 ergeben. Und schließlich kann auch noch das Dach als Staufläche, beispielsweise für ein weiteres Surfboard genutzt werden.

candle-lightSo sieht unsere kleine Höhle mit romantischer Illumination aus.

Zwischen Bett und Küche befindet sich unsere Sitzgruppe, die ebenfalls auf einem Podest thront, das aber nur 25 cm hoch ist. Ähnlich wie beim Bett wird im Sitzen der Luftraum über dem Kopf nicht benötigt, so dass durch die Höherlegung der Sitzgruppe viel Stauraum unter derselben entsteht. Unter der fahrerseitigen Sitzbank ist eine Webasto Dieselheizung mit integriertem 11‐Liter‐ Warmwasserboiler verbaut (auf diese werde ich später noch beim Thema Technik zu sprechen kommen) und unsere Wasserfilteranlage.

So findet das Leben in unserem Sternchen quasi auf drei Ebenen statt und das könnte auch eine Anregung für Microhouses sein. Gerade durch die größere Deckenhöhe bei Häusern mit Satteldach ergeben sich noch viel mehr Möglichkeiten. Beispielsweise kann das Bett über das Bad in den Dachgiebel hinein gebaut werden, womit man sich den Raum fürs Schlafzimmer spart. Eine andere Variante könnte so aussehen, dass man das Bett auf ein Podest im Wohnzimmer baut und es tagsüber und abends auch als Couch nutzt. Unter dem Bett kann der Stauraum genutzt werden und es ergeben sich verschiedenen Ebenen, die den Raum interessanter gestalten.

Schließlich könnte auch der Essbereich auf einem Podest ruhen und den Boden könnte man ebenfalls als Stauraum nutzen, vorausgesetzt es wird keine Fußbodenheizung verbaut. Darüber hinaus könnte man auf Innenwände verzichten und diese durch Wandschränke oder raumtrennende Regale ersetzen, die den Stauraum erhöhen und die zur Verfügung stehenden Flächen besser nutzen.

[Fortsetzung > Heizung und Warmwasserbereitung in Tiny Houses]


Über den Gastautor

Wohnmobil-Selbstausbau_CD_ROMUlrich Dolde ist Verfasser des Buches „Wohnmobile selbst ausbauen und optimieren – 1000 Tipps und Tricks für alle Wohnmobil-Selbstausbauer und Wohnmobil-Optimierer“, welches aufgrund der fundierten, umfassenden Abhandlung aller relevanten Themen gut und gerne als „Wohnmobil-Ausbau- und Optimierungs-Bibel“ bezeichnet werden kann. Der Autor, der dank der geländegangigen Lkw-Basis seines Wohnmobils gemeinsam mit seiner Frau bevorzugt in nordafrikanischen Wüstenregionen herumkurvt, plaudert in dieser sechsteiligen Artikelserie sehr anschaulich aus dem Nähkästchen: In seinem selbst ausgebauten Wohnmobil hat er auf 8 m² alles untergebracht, was man zum Leben braucht. Und da es, gerade was die Technik in Sachen Strom-, Wasser- und Heizungsinstallation anbelangt, im Wohnmobil-Sektor eine Vielzahl von technischen Lösungen gibt, die sich auch im Tiny House anbieten, wenn nicht sogar aufdrängen, sind seine Tipps sicher auch für unsere Leser besonders wertvoll.

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