Kleine Häuser, große Fensterflächen
– die Vor- & Nachteile

Kleine Häuser gewinnen entschieden durch viele oder (noch besser) große Fensteröffnungen in der Fassade: Wenn sich der Raum nach außen öffnet – und der Ausblick ansprechend ist – sind die meisten Bewohner von Minihäusern nachweislich mit erstaunlich wenig Raum zufrieden. Bei unwirtlicher Witterung ist das Bedürfnis sich einzuigeln nur natürlich und das beschränkte Platzangebot wird dann nicht so leicht als störend empfunden. Bei schönem Wetter jedoch kann einem in einer kleinen „Schuhschachtel“ schnell die Decke auf den Kopf fallen: Das Gefühl, ständig raus zu müssen, „um etwas vom Leben da draußen mitzubekommen“, kann vor allem für Tiny- oder Minihaus-Besitzer nervig sein, die von zuhause aus arbeiten. Mit großen Fensterflächen ist die Gefahr, einen „Lagerkoller“ zu bekommen, wesentlich geringer – ganz abgesehen davon, dass Tageslicht für unser Wohlbefinden essentiell ist.

tiny100

In unserem früheren Artikel zum Thema „Fenster“ hatten wir zwei unterschiedliche Typen von Tiny Houses zur Veranschaulichung herangezogen: das Tiny100 der Tinyhouse University in Berlin, das optisch an eine Berliner Altbauwohnung erinnert und das holländische Tiny „Porta Palace“ der Woonpioniers, das modern und loftartig daher kommt. Auch wenn die Architekturstile völlig verschieden sind, wurde bei beiden Hausentwürfen nicht mit Fensterflächen gegeizt. Gleichzeitig ist der Spagat zwischen der Öffnung nach außen und dem Erhalt von Wandfläche für Einbauten mit Stauraum gut geglückt.

porta-palace

Nicht nur bei gut konzipierten Tinys, sondern auch bei modernen Minihäusern – vom Fincube Werner Aisslingers bis zu holländischen Strandhäusern – dienen große Fensterflächen dazu, eine Verbindung zwischen Innen und Außen herzustellen:

fincube
Strandhuisje

Trotz des schicken Designs und des lichtdurchfluteten Raums mag manch einer unserer Leser Vorbehalte gegenüber solch ungewohnt großen Fensterflächen haben. Die drei naheliegendsten sind:

1. Schwitzen im Glashaus

Bei großen Fensterflächen ist Wärmeschutzverglasung – besonders, wenn es sich um die Südseite des Hauses handelt – ein Muss. Beugt man nicht entsprechend vor, kann sich das Minihaus schnell in eine Schwitzhütte verwandeln.
Lösung: Bei Tiny Houses wird aufgrund des Eigengewichts der Glasscheiben (und des zulässigen, maximalen Gesamtgewichts von 3,5 to für straßentaugliche Tinys) keine Dreifachverglasung in Frage kommen. Soll die Fensterfront nach Süden ausgerichtet werden und gibt es am Stellplatz keine hohen Bäume, die Schatten spenden, kann ein Rollo an der Innenseite des Fensters vor praller Sonne und entsprechender Wärmeentwicklung im Inneren des Häuschens schützen. Noch besser – da die Wärmestrahlung das Fenster auf diese Weise erst gar nicht erreicht – ist natürlich eine Vorrichtung an der Außenseite des Fensters z.B. in Form von Hitzeschutz-Markisen, wie sie auf veluxshop.de* sogar für Dachfenster zu haben sind. Eine günstigere, jedoch etwas improvisierte Abhilfe gegen Hitzeentwicklung im Sommer ist die Nutzung von Verdunstungskälte durch Aufhängen feuchter Bettlaken vor den Fenstern.
Anders als bei Tiny Houses, die aufgrund der im Straßenverkehr maximal zulässigen Breite von 2,55 m nicht mit einem ausladenden, konstruktiven Sonnenschutz versehen werden können, lässt sich bei Mini- und Modulhäusern hervorragend mit Dachüberständen und Sonnenschutzlamellen in der Fassade arbeiten. Das Prinzip dahinter ist in beiden Fällen das gleiche: Im Sommer bei hohem Sonnenstand schattet die Konstruktion ab, in der kühleren Jahreshälfte fallen die Sonnenstrahlen aufgrund des niedrigeren Sonnenstands in das Haus und tragen zur (in diesem Fall gewünschten) Erwärmung des Wohnraums bei.
Eine (zumindest in Bezug auf die Anschaffungskosten) kostspielige High-Tech-Lösung sind dagegen dimmbare Fensterflächen: Das sog. elektrochrome Glas ist mit einer innenliegenden nanostrukturierten Beschichtung versehen, die sich blau einfärbt, sobald eine geringe elektrische Spannung angelegt wird.

kasita

2. Wohnen auf dem Präsentierteller

Das Thema „Wärmeentwicklung“ ist nur ein Punkt, der einem beim Anblick großer Fensterfronten gleich in den Sinn kommen kann. Ein anderer ist die Einsehbarkeit des Wohnraums von außen. Besonders abends, wenn im Haus das Licht angeschaltet wird, mag man sich hinter der gläsernen Fassade schnell wie auf dem Präsentierteller vorkommen.
Lösung: Selbsttönende Fensterflächen – wie sie auch in der oben gezeigten „Kasita“ zur Anwendung kommen – können nicht nur der Verschattung, sondern auch zur Wahrung der Privatsphäre dienen. Die traditionelle Alternativen, Vorhänge oder Stores, kommen gegen solche Multifunktionalität dimmbarer Glasflächen nicht an. Sie sind zudem potentielle Staubfänger, die den Raum angefüllter erscheinen lassen, ihn andererseits auch wohnlich machen können.

indigo

3. Aufwendige Fensterreinigung

Bei den Tiny Houses halten sich Fensterflächen naturgemäß in einem Rahmen, der auch erfahrenen Hausfrauen beim Gedanken an das Fensterputzen nicht gleich einen Schauer über den Rücken jagt. Bei den Singlehäusern mit umlaufender oder haushoher Verglasung braucht es dagegen nicht viel Phantasie, um sich die regelmäßige Fensterputzaktion als äußerst mühsam vorzustellen.
Lösung: Besonders bei freiliegender Verglasung sollte das Putzen mit einem professionellen Fensterreiniger mit Teleskopstange kein Problem darstellen.

Bildquellen: Tiny100/Van Bo Le-Mentzel/Tinyhouse University (Bild 1), PortaPalace/Woonpioniers (Bild 2), Fincube/Steffen Jänicke/Pergola OHG (Bild 3), Strandhuisjes Nederland (Bild 4), Kasita/Jeff Wilson/Dan Gentile (Bild 5), Indigo/Woonpioniers/3D Studio Prins (Bild 6).

5/5 - (2 votes)